Gewalt im Kreißsaal - Hebamme Eva Placzek im Talk

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Published 2024-05-30
Eva Placzek wollte schon als kleines Mädchen Hebamme werden. Doch die Realität in ihrem Traumberuf sah dann ganz anders aus: Bei einer aktuellen Befragung gibt jede dritte Gebärende an, Gewalt bei der Geburt erlebt zu haben. Eva Placzek hat ihre erste Ausbildung zur Hebamme aufgrund solcher Erfahrungen abgebrochen. Auch weil sie sagt: Ich war Mittäterin.

Kapitel:
00:0000:53 Intro
00:5404:35 Evas Erfahrungen in ihrer zweiten Ausbildung
04:3607:35 Wie kommt es zu Gewalt durch Fachkräfte?
07:3611:03 Ich, Hebamme, Mittäterin: Was Eva heute bereut
11:0413:18 Das muss sich in deutschen Kreißsälen ändern
13:1916:43 Evas unerfüllter Kinderwunsch
16:44 Outro

Im Interview bei der Talkshow „deep und deutlich“ erzählt sie, in welcher Situation sie selbst einer Frau Gewalt angetan hat und was sie sich in deutschen Kreißsälen dringend ändern müsse. Moderiert von Aminata Belli und Aurel Mertz.

Mehr Deep Talk und die ganzen Runden findet ihr auch in der ARD Mediathek: 1.ard.de/deep-und-deutlich
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#deepunddeutlich #funk #evaplaczek

All Comments (21)
  • Ich bin auch Hebamme. Meine Ausbildung lief exakt genau so. Mir sagte eine alte Hebamme wortwörtlich: "und Sie breche ich auch noch". Respekt an alle Kolleginnen, die aus diesen alten Strukturen ausbrechen, sich gegen Ärzte und Kolleginnen stellen, mutig sind und empathisch und liebevoll betreuen und begleiten. ❤
  • @lalilu8007
    Das alles habe ich auch erlebt. Vor 9,5 Jahren. Mein erstes Kind. Und habe auch kein weiteres mehr haben wollen. Die Geburt war die Hölle. Wurde eingeleitet, und hatte von null auf hundert Wehen. Ich habe nach einer PDA verlangt, daraufhin wurde ich ausgelacht, dass ich da durch muss und das so ein Geburtsprozess auch mal über 36 stunden dauern kann. Die Blase wurde einfach so geöffnet. Ein Dammschnitt wurde ohne Ankündigung gemacht, und die Ärztin hat mir mit aller Kraft auf den Bauch gedrückt. Dann sagte die Hebamme, wenn ich weiter so schreie, werde ich Ohnmächtig und bringe mein Kind in Gefahr. Ich habe nach der Geburt eine schwere Depression erlitten. Und keiner wusste, wieso. Auch ich habe lange gedacht, dass das alles so seine Richtigkeit hatte.
  • @JoJo-kd3bj
    Was eine starke Frau. Nicht viele haben so ein Mut sich selbst und anderen (auch noch öffentlich) einzugestehen das sie jemanden Gewalt angetan haben und nicht richtig gehandelt haben. Ich wünsche ihr nur das besten
  • @antjemarx932
    Wahnsinn...Ich bin so froh, dass ich trotz Notfall ganz liebe Hebammen in allen 3 Schichten hatte. Vielen lieben Dank an alle Hebammen die ihr Herz am richtigen Fleck haben.
  • Ich habe mein erstes Kind mit 15 bekommen und wurde im Krankenhaus ganz schlimm behandelt. Niemand hat mit mir gesprochen, ich wurde stundenlang allein gelassen, mir wurde irgendas im tropf an den arm gehangen ohne zu fragen, sie haben nur an mir herum gerissen und als ich sagte das sie mir weh tun kam nur "hättest du halt nicht schwanger werden sollen". Als die kleine da war wurde ich genäht ohne das mir was davon gesagt wurde. Danach wurde ich noch 3 Tage lang alle 2 stunden schikaniert beim versuch meine tochter zu stillen, was nicht geklappt hat. Es hat lange gedauert bis ich begriffen habe was mir da eigentlich passiert ist. Mit 19&21 habe ich dann meine Söhne im Geburtshaus bekommen. Die Hebammen kannte ich dann schon monatelang, hatte vertrauen in sie und sie waren so liebevoll. Haben mich nie angefasst ohne das ich ausdrücklich ja gesagt habe und waren einfach meine engel. Sogar das stillen hat ohne Probleme funktioniert. Niemals würde ich wieder in ein Krankenhaus gehen für eine Geburt. Ich bin jeder Hebamme dankbar die ihren Job liebevoll und ohne gewalt ausführt.
  • @Fenghuang82
    An alle die Gewalt unter Geburt erlebt haben, ihr habt mein tiefes Mitgefühl! Ich bin einfach sprachlos über die ganzen Kommentare die ich hier lese. Unfassbar schrecklich. Fühlt euch alle von Herzen umarmt. ❤
  • @user-en4om2gr3j
    Vielen Dank, dass das Thema hier behandelt wird! Ich war vor 25 Jahren ebenfalls Opfer von Gewalt im Kreißsaal gewesen. Dazu gehörte, dass ich bis kurz vor der Geburt (1. Kind) im Kreißsaal auf einem Medizinball sitzend und vor Schmerz schreiend mir selbst überlassen war (Die Geburt musste wegen eines Blasensprungs eingeleitet werden) Ab und zu öffnete eine Hebamme die Tür, ich sah nur ihren Kopf und wie die Tür wieder zuging. Es schien sich niemand für mich zu interessieren. Wohl nach "Zeitgefühl" kam dann endlich kurz vor der Austreibungsphase eine Hebamme herein , um mir auf das Bett zu helfen. Die anschließende Geburt war mit einer lebensgefährlichen Komplikation verbunden und dauerte entsprechend lange. Als das Kind schon draußen war, musste ich mich einer sehr schmerzhaften Not-OP ohne Narkose untetrziehen. Während dieser Prozedur wurde ich angeschrien, dass ich mich zusammenreißen soll... Niemand tröstete mich, niemand sprach mir Mut zu oder hielt meine Hand. Als ich es "geschafft" hatte, ließ man mich im Kreißsaal mit meiner Tochter auf dem Bauch zurück, wo ich geschätzt ca 1-2 Stunden mich hin dämmerte. Einige Zeit später kam eine andere Hebamme oder Krankenschwester in den Saal, und ich vernahm, wie sie die Hände zusammenschlug und sagte: "Oh mein Gott, wie sieht es denn hier aus!" Sie gab mir einen nassen Waschlappen, damit ich mein Gesicht waschen konnte... Ich empfand erstmalig so etwas wie menschliche Wärme in diesem Krankenhaus. Die nächsten Tage konnte ich nur mit Hilfe von Krankenschwestern auf die Toilette gehen, da ich so geschwächt war. Eine Krankenschwester , die ins Krankenzimmer kam, herrschte mich an, warum ich meine Kleidung noch nicht in den Schrank eingeräumt hätte..... Das war ein langer Text, bin immer noch traumatisiert, aber es hat geholfen, dies aufzuschreiben.
  • @laloba2173
    Da hatte ich den richtigen Instinkt. Als der Arzt bei mir auf den Bauch drücken wollte, sagte ich nur: Wenn Sie mich anrühren, bringe ich Sie um! - Danach forderten sie meinen Mann auf, mich zu unterstützen! - Er antwortete: Ich bin doch nicht lebensmüde!
  • Es gibt unendlich viele Formen der Gewalt in diesem sogenannten Gesundheitssystem!!! Vielen Dank, dass Sie die Insider darüber sprechen lassen!!
  • Meiner Frau ging es genau so. Und ich stand hinter ihr und dachte, das Ganze ist normal. Erst wurde ohne Ankündigung oder Ähnliches in einer Wehe ein Dammschnitt gemacht. Dann hat sich die diensthabende Ärztin auf ihren Bauch gekniet nachdem vorher die Beine meiner Frau rumgewirbelt wurden. Meine Frau war so traumatisiert, sie wollte unseren neugeborenen Sohn direkt nach der Geburt nicht auf sich gelegt bekommen. Am Ende hat sich die Plazenta nicht von der Gebärmutter gelöst und sie musste notoperiert werden. Inzwischen arbeite ich im selben Krankenhaus im technischen Bereich. Als ich das erste Mal davon gehört habe, dass diese Praktiken nicht normal sind, habe ich die Ärztin darauf angesprochen. Sie hat alles abgestritten und meinte, dass es für mich nur so aussah. Meine Frau ist seit dem ein anderer Mensch und war auch schon in Therapie. Aber offiziell nicht deswegen, doch ich bin sicher, es hat sie nachhaltig verändert.
  • Vielen Dank für diesen mutigen Bericht. Mir ist es genauso passiert, ich wollte Ärzte und Schwestern wegtreten, um in Ruhe mein Kind bekommen zu können, es war ein einziges Gemetzel. Ich bekam dann gegen meinen Willen Mittel gespritzt, als ich nicht aufgepasst habe, denn schlucken wollte ich sie nicht. Ich habe den ganzen Verein verklagt, es kam zu einer Anhörung, bei der mein Anwalt vorher von höchster Stelle bedroht worden war, wie er mir später erzählte. Er hat daraufhin seinen Job gekündigt. Es war ein großer Aufruhr, allerdings hat es meinem Kind nicht geholfen, er hatte ein riesiges Geburtstrauma , hat die ersten 3 Lebensmonate fast durchgehend gebrüllt. Beim 2. Kind war ich klüger, das habe ich nicht mehr im Krankenhaus bekommen.
  • @Prigitt
    Meine Freundin ist Hebamme und hat meine Kinder entbunden. Dafür ist sie Stunden länger geblieben, als ihre Schicht eigentlich gedauert hätte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar!
  • @juliajung6685
    Ich habe mein (leider einziges) Kind vor 10 Jahren unter solchen Umständen zur Welt gebracht. Seit dem bin ich wegen meiner psychischen Erkrankung (PTBS und Depressionen) arbeitsunfähig bzw 100% erwerbsgemindert. Zuvor hatte ich gedacht, ein Kind zu gebären ist das Normalste der Welt, aber mir hat es alles geraubt. Nach diesem Erlebnis war es für mich unvorstellbar jemals nochmal ein Kind zur Welt zu bringen...
  • @spunk6528
    Ich hab das bei der Geburt meines zweiten Kindes vor 27 Jahren genau so erlebt- das war so schlimm für mich, dass ich nicht nur bis heute (!) körperliche Probleme dadurch habe, sondern es mich auf sehr heftige Weise retraumatisiert hat(frühere gewaltsame Erlebnisse aktiviert hat).. Daher bin ich echt froh darüber, dass das Thema ‚Gewalt im Kreissaal‘ endlich mehr in die Öffentlichkeit rückt- das ist so wichtig! Manche Frauen leiden ihr Lebeng lang darunter. Es gibt auch mittlerweile einen Tag im Jahr, der darauf aufmerksam machen soll- den roses revolution day(dieses Jahr am25.11), an welchem u a Betroffene aus Solidarität eine rote Rose vor der Geburtsklinik ablegen.
  • @ginstu8232
    Okay, für mich Grund 1.409, in dieser Zeit kein Kind zu bekommen 😅. Ich bin nur indirekt von der Gewalt betroffen gewesen. Meine Mutter war von Gewalt im Kreißsaal betroffen, als sie meinen kleinen Bruder zur Welt gebracht hat. Sie war danach ziemlich verändert. Sie war oft abweisend und aggressiv zu mir (zu uns allen), und ich dachte mit 13 Jahren natürlich, dass es an mir liegt, was dann irgendwann auch Depressionen zur Folge hatte bei mir. Irgendwann - da muss ich schon über 20 gewesen sein - hat sie mir anvertraut, was im Kreißsaal passiert ist und dass sie danach ständig Flashbacks und Anspannung hatte. Heute, als Psychologin, weiß ich, dass sie eine PTBS hatte. Aber niemand hat ihr das damals gesagt und sie hat sich dadurch auch keine Hilfe gesucht, weil sie dachte, sie ist selbst Schuld und müsse das wieder unter Kontrolle bekommen. Weshalb sie eben auch so aggressiv und überfordert mit allem war. Fazit: Die Gewalt im Kreißsaal betrifft nicht nur die Frauen. Sondern im schlimmsten Falle auch ihre Familien. Und zwar langfristig. Danke, Eva, dass du dich für gewaltfreie Geburten einsetzt ❤.
  • @Biene290
    Ich bin selber auch Hebamme und leider habe ich selber vieler solcher schlimmen Situationen erlebt. Ich hab mich für meine beiden Geburten ganz bewusst für Hausgeburten entschieden und das war das allerbeste was ich machen konnte. Nach diesen 2 wunderschönen Geburtserlebnissen habe ich für mich entschieden, dass ich unter solchen Bedingungen in der Klinik nicht mehr arbeiten kann. Ich kann nur allen Frauen raten, sucht euch schon in der Schwangerschaft eine Hebamme die euch begleitet und über alles aufklärt. Es ist euer Körper, euer Kind und eure Geburt und nur Ihr entscheidet wer was wie machen darf und was eben nicht gemacht werden soll. Eine Geburt ist ein einzigartiges Erlebnis und es soll ein wunderschönes Erlebnis sein. Denn wie man hier in so vielen Kommentaren liest, begleitet das einen sein Leben lang. Ich hoffe so sehr, dass sich endlich in den Kliniken was verändert. Die Bezahlung muss angehoben werden sodass der Beruf wieder attraktiver wird und mehr Personal in den Kliniken vorhanden ist. Denn jede Frau hat ein Recht auf eine Eins zu Eins Betreuung.
  • @user-bq7jo8pw2v
    Ich hatte auch eine traumatisierte Geburt! Mehr für Aufklärung!!! Liebe Frauen, bitte seid wachsam!!! Lasst euch nicht alles gefallen hinterfragt und stoppt sonst die Hebammen, Ärzte/Ärztinnen!
  • @SonjaHeisig
    Es kann aber auch anders sein. Ich habe 3 Kinder im Krankenhaus entbunden. Ohne Zeitdruck, ohne Medikamente und selbstbestimmt mit tollen Hebammen. Ich habe verschiedene Positionen ausprobiert und letztendlich alle unterschiedlich bekommen. Drei wunderschöne Geburten, die Kinder sind jetzt 4, 7 und 10❤️ Danke Klinikum Oldenburg
  • @juliasteven7512
    Es ist so schrecklich, was all diese Frauen erleiden mussten und was für ein tiefer Riss in der Seele zurück bleibt. Ich bin mit meinem dritten Kind schwanger und es schwingt immer ein bisschen die Angst mit, selber Gewalt im Kreißsaal zu erleben.Obwohl ich bei meinem letzten Kind eine Sturzgeburt hatte und unseren Sohn fast im Krankenwagen bekam. Ich kann verstehen, dass es Frauen gibt, die sich für eine Hausgeburt entscheiden und von einer vertrauten Atmosphäre umgeben sein möchten. Ich habe leider nie den Mut dazu gefunden, weil bei mir zu viele Ängste vorhanden sind, dass es zu Komplikationen kommen könnte. Ich wünsche allen Schwangeren eine Geburt ohne Gewalt und alle, die das erlebt haben, wünsche ich Heilung.
  • @laliluna1930
    Ich habe zwei Kinder geboren und beide Geburten waren der Horror. Ich kann jedes Wort nachfühlen! Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Kreißsaal lebend verlasse und NIEMAND nimmt dich für voll. Niemand möchte dir helfen und ja, man gibt auf, weil man denkt, dass man keine Chance hat. Und genau dieser Spruch würde zu mir gesagt... "sei doch froh, dass du da bist. So ist halt die Geburt..."